Mittwoch, 12. Juni 2013

Perspektive der Arbeit

< Zurückblättern Vorblättern >

aus: Matthias Pochmann DNS (R)Evolution

Zweiter Teil
Notwendigkeiten für den gesellschaftlichen Wandel

Kapitel I – Der Produktionswandel

Wandel der Produktion // Perspektive der Arbeit

Perspektive der Arbeit

Menschliche Arbeit ist wie alles im evolutionären Treiben einem stetigen Wandel unterworfen. Zu allen Zeiten gab es ein Interesse durch Verringerung des Aufwands einen Zuwachs an Effizienz zu erzielen. Mit der Entwicklung des Pflugs verließ die Menschheit die Gartenbaugesellschaft und betrat das Zeitalter des Ackerbaus. Die Nahrungsproduktion stieg immens an, wodurch fortan das Überleben von viel mehr Individuen sichergestellt werden konnte. Weil mit dem Pflug die Feldarbeit effizienter wurde, emergierten Freiräume der kulturellen Entwicklung. Nur noch ein Anteil der Bevölkerung war für die Produktion von Nahrung notwendig. Die von der Nahrungsproduktion freigestellte Bevölkerung erschloss neue Arbeitsfelder und entwickelte den Dasein formenden Einfluss weiter. Im bisher größten Zeitraum menschlicher Geschichte überstieg die Nachfrage nach Arbeitskraft deren Angebot. Deshalb prägte der Kampf der Arbeiter um bessere Arbeitsbedingungen das politische Geschehen bis ins 20. Jahrhundert hinein. Ein wichtiger Wendepunkt menschlichen Schaffens begann mit der Industrialisierung. Seit dem wächst der Anteil der Maschine an der Wertegenerierung unaufhaltsam und dieser Zuwachs geht mit einer Minderung des Anteils menschlicher Arbeit einher. Diese Entwicklung sichert den Besitzern von Produktionsmitteln eine Steigerung ihres Gewinnes, weil eben diese Produktionsmittel für einen immer größeren Anteil des neu entstehenden Wertes verantwortlich sind. Die Gegenwart ist ohne Automatisierung nicht mehr zu denken. Nur maschinelle Fertigung kann die hohen Ansprüche des Menschen noch erfüllen. Im Gegensatz zu früheren Entwicklungen führen immer intelligenter werdende Automatisierungstechnologien inzwischen tatsächlich zu einer Verminderung des Bedarfs menschlicher Arbeitskraft. Die Leistung eines wachsenden Anteils der Bevölkerung wird allein auf Grund der biologischen Konstitution nicht mehr nachgefragt, weil diese für die Wertegenerierung und Werteerhaltung keine Verwendung mehr findet. Automatisierung könnte zwar ein Segen sein, weil sie den Menschen von der Arbeitspflicht befreit - sie entwickelt sich aber zum zentralen Problem der sozialen Marktwirtschaft im 21. Jahrhundert. Bisher wird die Tatsache der immer weiter anwachsenden Kapazität für Werteproduktion bei zugleich sinkendem menschlichen Anteil an dessen Genese seitens der Politik erfolgreich verdrängt.
Auf Grund der anhaltenden Weiterentwicklung menschliche Arbeit ersetzender Technologie wird das Aufgabenfeld des Menschen zunehmend in die Sphäre rein kreativer Tätigkeit verlagert. In allen anderen Bereichen nimmt die Leistungsfähigkeit computergestützter Systeme nur noch zu. Um den Anforderungen dieser Verlagerung menschlicher Aufgabenfelder gerecht zu werden, bedarf es eines wesentlich leistungsfähigeren Bildungssystems, mit dem das allgemeine Bildungsniveau kontinuierlich angehoben wird. Die traditionellen Formen der Lehre gelangen inzwischen an die Grenzen ihrer Möglichkeiten und werden den Ansprüchen eines zukünftigen Arbeitsmarktes nicht mehr gerecht. Mit neuen auf Informationstechnologie basierenden Bildungsformen entstehen nachhaltige Alternativen. Auf Grund der potentiellen Omnipräsenz der Datennetze erhält die Forderung eines Menschenrechts auf Zugang zu einem Bildungsvollangebot erstmals eine umfassende Rechtfertigung. Mit dem Aufbau IT-basierter Bildungskonzepte können viel mehr Individuen bis zu den Grenzregionen menschlichen Wissens vordringen. Sie werden in die Lage versetzt kreative Tätigkeiten aufzunehmen.
Der Weg hin zu einer Gesellschaft, in der Menschen nur noch kreativ tätig werden, ist weit. Bis zu diesem Ziel sind noch große Herausforderungen zu bewältigen, in deren Folge neue Tätigkeitsfelder erschlossen werden. Vor allem im Bereich der Entwicklung von Technologie und Software werden viele Menschen auch in Zukunft noch einen gut bezahlten Job finden. Dieses Wirken bringt eben die Systeme hervor, die später Stück für Stück auch diese Aufgaben übernehmen. Sobald Technologie dann beginnt sich flexibel an die Bedürfnisse der Benutzer anzupassen, werden selbst große Produktionsanlagen so einfach zu steuern sein, dass dafür kaum noch Personal notwendig ist. An diesem Punkt endet schließlich die Epoche des zur Arbeit gezwungenen Menschen. Ohne Korrektiv ist Marktwirtschaft in diesem neu entstehenden Umfeld ökonomisch nicht mehr tragbar. Die Besitzer von Produktionsmitteln werden auch gemeinsam mit der kreativ arbeitenden Bevölkerung nicht annähernd den Wert nachfragen, der auf Basis einer hochautomatisierten Wirtschaft geschaffen werden kann. Der menschliche Fortschritt würde also bloß auf Grund eines selbst auferlegten Prinzips gebremst.
In einer vom Zwang zur Arbeit befreiten Gesellschaft wird alles Notwendige und Lebensqualitätsoptimierende von technologischen Sklaven produziert. Es besteht deshalb kein Grund mehr, Menschen zur Aufnahme einer Tätigkeit zu verpflichten. Weil der Bedarf an kreativen Kräften zugleich enorm zunimmt, erhält die Förderung der Entwicklung notwendiger Kompetenzen einen hohen Stellenwert in der Gesellschaft. Automatisierung befördert damit den direkten Weg in eine Bildungsgesellschaft, in der individuelle Entwicklung zur zentralen Herausforderung wird. Basierend auf diesen neuen Freiräumen widmen sich Menschen dann vermehrt den großen Idealen, sie werten die Gegenwart kreativ auf und gestalten die Welt aus ästhetischen Gesichtspunkten neu. Wenn das Überleben garantiert ist und die Pflicht zur Anteilnahme an der Produktivität überwunden wurde, dann wird die Kunst an Einfluss gewinnen. Der Zuwachs an Freizeit gibt Raum für sportliche Betätigung und gemeinsames Spiel. Das Leben insgesamt gewinnt an Qualität.
< ZurückblätternVorblättern >

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen